Profiler: Frau mit Tinnitus
Kl.: ...gehabt habe – die heißt „Morbus Menière“
– das ist eine Innenohrerkrankung – so etwas Ähnliches wie
Hörsturz – da kriegt man so ganz furchtbare Schwindelanfälle
und... ja, und – der Tinnitus und die Schwerhörigkeit sind - also
die Schwindelanfälle habe ich nicht mehr, aber das ist halt ne Folge davon
– da sind also auch materielle Schäden quasi im Ohr – im Gleichgewichtsorgan
–
Teilnehmer: Wenn du magst, laß dich doch da einfach gleich schon mal da
sein.
Kl.: Ich bin da in einer Situation, wo ich das erste Mal einen ganz schweren
Schwindelanfall hatte. Und zwar bin ich da mit dem Auto gefahren, und da habe
ich gemerkt, daß mir schwindelig wird, da bin ich ausgestiegen und habe
gedacht, ich gehe ein bißchen spazieren. Da bin ich in so ein Feld gegangen
und da ist es immer schlimmer geworden, und die Erde hat sich gedreht, und ich
konnte nicht mehr geradeaus gehen, und ich mußte mich hinlegen. Und da
bin ich jetzt auch – und alles dreht sich – ich weiß nicht
mehr, wo ich jetzt bin. Und mir ist furchtbar übel. Ich muß dauernd
kotzen und es ist gar nichts mehr drin. Und – ich habe auch jetzt wahnsinniges
Herzklopfen. Das hatte ich damals auch, und ich denke: Ach, mir ist so elend,
ich möchte sterben.
Th.: Hmm. Ein wichtiger Satz. – Ist ganz entscheidend. „Ich möchte
sterben.“ – Das muß das mit am wesentlichste Thema sein.
Teilnehmer: Das heißt, laß dir von dem Gefühl mal zeigen, wo’s
herkommt.
Th.: Oder wo es selbstähnliche Assoziationen gibt. Thema ist „sterben“
oder „ich möchte sterben“ oder „jemand stirbt“
oder irgendwie so’n Thema. Das hängt zusammen. – Letztendlich
einfach nur assoziative Verknüpfungen aufdecken, ne. Das ist das Geheimnis.
– Gut, was kommt zum Thema „ich möchte sterben“ für
eine Situation hoch? Einfach die erste, die kommt.
Kl.: Ich bin neun Jahre, und.... Ich geh mit meiner Mutter auf dem Bürgersteig
nach Hause, und ich sage zu ihr: „Ich muß... Irgendwie muß
ich öfters...“ Oder... weiß nicht mehr genau, wie ich’s
gesagt hab, also... Irgendwie denk ich manchmal an Selbstm... also, irgendwie
zu sterben... ja, zu sterben, mich umzubringen, oder so ähnlich.
Teilnehmer: Wer denkt das, deine Mutter oder du?
Kl.: Nee, das sag ich zu meiner Mutter, und sie soll mal mit mir zum... Psychiater,
oder was weiß ich, was ich gesagt hab, gehen, zum Arzt oder was. –
Und sie sagt nur so: Och, pff! Irgendwie, ja, wie kommst’n da drauf, oder
so ähnlich. Und dann ist das Thema... erledigt.
Teilnehmer: Wie ist das für dich? – Wenn sie so reagiert?
Kl.: Ich verschließe mich.
Th.: Das ist ja auch ein wichtiger Aspekt. Ein Muster, ein Aspekt des Profils.
„Ich verschließe mich.“ Also überall, wo sie sich verschließt,
ist es selbstähnlich. Das ist ein Aspekt dazu.
Teilnehmer: Das heißt, du kannst dir auch zeigen lassen, woher du dieses
Verschließen noch kennst aus deinem Leben. – Oder laß dir
zeigen, davon, von diesem Gefühl, woher du’s noch kennst. Pause.
Es muß scheinbar irgendwie tiefer dann auch noch was geben, wo du dich
verschlossen hast.
Kl.: Also, ich soll zurückgehen?
Teilnehmer: Ja, dir zeigen lassen, ja...
Kl.: Oder irgendwas? Also, in der Vergangenheit zurückgehen oder irgendwas?
Th.: Oder irgendwas. xxx selbstähnlich. Also das, was am dicksten verbunden
ist, heißt das ja dann, eine assoziative Verknüpfung. Wir müssen
nicht immer sofort in die Kindheit gehen. Es kann ja auch noch andere Ereignisse
geben, wo sich’s aufgeschaukelt hat. – Was mit diesem Thema zu tun
hat: Schau mal, welches Ereignis kommt hoch?
Kl.: Mich verschließen?
Th.: Ja.
Kl.: Also, was... Ja gut, also... Ich nehm was kommt. Also, ich bin dreizehn
oder vierzehn, und ich bin immer ganz schwarz angezogen. Und... Ich bin ganz
schwarz angezogen und ich gehe nach Hause, und ich spüre wie ich... Ich
will nicht nach Hause gehen, und... wenn ich zuhause bin, dann grüß
ich auch nicht.
Th.: Dann machst du was?
Kl.: Ich grüße nicht. Ich geh sofort in mein Zimmer.
Teilnehmer: Wen grüßt du denn nicht?
Kl.: Meine Mutter, zum Beispiel.
Th.: Ja, ist wichtig. Da haben wir schon mal eine Person drin, die von selbst
kommt.
Kl.: Sie steht da in der Küche, und ich geh einfach an ihr vorbei in mein
Zimmer.
Th.: Dann würd ich jetzt xxxxxx Laß deine Mutter auftauchen und frag
sie: Was hat sie mit dem Thema zu tun? Wir wollen ja Profiling machen, zum Thema
Tinnitus. Also müssen wir alle Aspekte, die kommen, zu dem Thema irgendwie
interviewen, oder rausfinden.
Teilnehmer: Wie willst du sie dann fragen? „Frag sie, was hat sie mit
dem Thema zu tun?“ Und nicht „Wie reagiert sie darauf, daß
du sie nicht grüßt?“
Th.: Das wär jetzt wieder ein Aspekt des ganzen Musters. Das lenkt ab,
spielt überhaupt keine Rolle, ist ne Kleinigkeit. Weil, ich will ja wie
ein Detektiv rausfinden... das Ereignis, Tinnitus: Wer kann dazu was aussagen?
Ich bezieh mich immer da drauf. Da sie selbst ihre Mutter ins Spiel bringt,
ist sie wichtig. Wenn sie, sagen wir mal, gesagt hätte, ihr Vater, dann
wär der wichtiger gewesen, und ich hätte den Vater genommen. Selbst
kommen lassen, wichtige Hinweise xxxx immer wieder den Bezug auf. Sonst würd
ich ja nur die Reaktion der Mutter in diesem Mini-Aspekt testen, und der ist
wahrscheinlich nicht wichtig. Oder vielleicht doch, aber das weiß ich
nicht. – Gut. Laß deine Mutter auftauchen. Wie auch immer. Und sag
was zum Thema, das heißt Tinnitus. Vielleicht kann sie dir was dazu sagen,
helfen, Auskunft geben. Gut, und dann schau, wie sieht sie aus, wenn sie auftaucht?
Teilnehmer: Ist das auch wichtig?
Th.: Ja, das ist spannend, ne. Ist ja ne Frage, ob sie jetzt mit fünfzig
auftaucht, oder mit zwanzig. Mit welchem Alter, mit welchem Gesicht. Das ist
ja schon wieder ein Hinweis zu dem Thema. Sie hat gesagt: Ich hab vor... das
Thema, ne? Kann sie zu dem Thema Tinnitus was sagen? Sie soll auftauchen. Und
dann seh ich ja schon: In welchem Alter taucht sie auf? Das ist ja schon ein
wichtiger Hinweis. Welche Kleidung hat sie an, welches Gesicht hat sie? Das
ist alles wie... wie ein Detektiv rausfinden.
Teilnehmer: Und xxx zu diesem Thema?
Th.: Ja.
Kl.: Ich bin jetzt allerdings einfach da... stehengeblieben in der Situation.
Und meine Mutter steht da noch so, wie ich damals als Dreizehn-Vierzehnjährige,
in dem entsprechenden Alter.
Th.: xxxxx taucht sie auf mit vierzehn Jahren.
Teilnehmer: Und jetzt könnt ich sie mal fragen: Frag doch mal deine Mutter,
ob sie was weiß oder was damit zu tun hat oder xxxxx.
Th.: xxxx mit dem Thema. Wir untersuchen den Hintergrund von dem Tinnitus. Hat
sie was damit zu tun, was hat sie damit zu tun, und kann sie was dazu sagen?
Zeugenaussagen. Wie Zeugenaussagen. – Du bist Detektiv, Innenweltdetektiv,
mehr ist es ja nicht.
Kl.: Ich bin auf der Suche nach Zusammenhängen zu meinem Tinnitus, und...
Ich möchte dich fragen, ob du was dazu mir sagen kannst.
Teilnehmer: Was sagt sie?
Pause.
Kl.: Sie sagt, das Gemeinsame ist der Todeswunsch.
Teilnehmer: Das hab ich jetzt akustisch nicht verstanden.
Teilnehmer: Sie sagt, das gemeinsame ist der Todeswunsch. Den hat sie mit ihr
gemeinsam.
Th.: xxxxxxx Das war doch da so’n Ereignis von... Du wolltest sterben,
oder was war das?
Teilnehmer: Sie hat zu der Mutter gesagt: Ich will sterben. Und die Mutter nur:
Was soll das? xxxx
Teilnehmer: Das heißt, man könnte jetzt den Todeswunsch mal auftauchen
lassen und sich von dem weiterführen lassen.
Th.: Ist ziemlich abstrakt. Weiß ich nicht. Ich würde jetzt die Mutter
wieder fragen: Ok, welches Ereignis hat dazu geführt, daß ich Tinnitus
bekommen habe?
Teilnehmer: Ganz einfach.
Störgeräusch.
Störgeräusch.
Störgeräusch.
Kl.: ...mich so damit umhüllen.
Th.: Sie hatte eben einen Dauerton auf dem Mikrofon. So stark ist der Tinnitus,
daß die da einen Dauerton hat. Unglaublich. xxxx ist wieder ok. Daueraufschlag,
Anschlag. – OK, ich hab dir jetzt nicht zugehört. Sag das mal nochmal.
Kl.: Da kommt keine Mutter oder so. xxxxx Mutter. Das war mein Schutzengel xxx,
und der... hat so von seinem hellen... von seiner Helligkeit, von seinem Licht
hat der irgendwie so ne Blase um mich rumgemacht und wie so ne Hülle. –
Und... Aber das ist jetzt auch sowas wie wenn so... Das ist zwar jetzt schön,
ich bin jetzt in der Hülle und bin auch geschützt. (weint) Aber dann
krieg ich auch nicht mehr mit, was da außen ist. Das hat ich auch schon
mal, in meiner allerersten Sitzung, meiner Probesitzung bei der Bettina. Da
war auch mal eine Tür mit „Tinnitus“, und da war das auch so,
da war so’n... in der Tür so’n... nee, in dem Raum, so’n
Riesengummiball. Und in den bin ich reingegangen. Und in dem war’s schön,
weil ich da so... behütet war, und der hat den ganzen... Streit, die da
dauernd irgendwie in mich reinkommen, abgehalten. irgendwie so’n Gefühl
ist das im Moment. Aber das Außen ist dann auch irgendwie... nicht mehr
richtig da.
Th.: Das ist deine Schutzfunktion, Zwischenlösung, Übergangslösung,
die einzige Möglichkeit, zu überleben, und so weiter. Und du willst
hinaus in die Welt xxxxxxx. Du mußt irgendwann dahin kommen, daß
deine Mutter an deinem Bett sitzt. Wie immer die auch ist, ist egal. Das muß
die Entwicklung sein. Du mußt irgendwann deinen Vater und deine Mutter
als Eltern in deiner Kindheit für dich dasein haben. Dann ist alles...
erreicht. Eindeutig. Daß es sie beide zur Zeit nicht gibt und du sie dir
auch gar nicht vorstellen kannst, daß sie so weit weg sind von dir, muß
der Schutzengel machen. Der kann dich irgendwo schützen, mehr kann er nicht
machen. Ja.
Kl.: Ja, das stimmt.
Th.: Gut. Deine Mutter, die sich selbst umgebracht hat, ist die in der Lage,
wieder in dein Leben zurückzukehren und Mutter zu spielen? Frag sie mal
selbst.
Kl.: Kannst du meine Mutter sein?
Th.: Ja. Das ist die Frage.
Kl.: Ich merke schon, daß es mir schwerfällt, dazubleiben. Bei der
Frage schon. Es ist sehr undeutlich geworden, so wie ich die Frage gestellt
hab, ist alles weg.
Th.: Ja, das ist klar. xxxxxxx Kannst du meine Mutter sein? Kann so jemand überhaupt
meine Mutter sein? Und du mußt dahin kommen, daß sie’s sein
will, und...
Teilnehmer: Frage. Selbstmord und sich umzubringen und das Kind mitzunehmen,
ist ja auch, für meine Begriffe, eine ganz starke Ablehnung. Ans Leben,
an die Eltern. Hat das Frauke nicht auch mitgekriegt, und muß das jetzt
nicht auch mit ins Spiel? Sich abgelehnt zu fühlen?
Th.: Jaja, sie hat ja auch... erklärt sich... Meine Mutter wurde die Schuld
ihrer Eltern in der Familie auf sich nehmen. Sie wollte nicht, deshalb ist sie
dageblieben. Sowas ist es auch. Sie ist ja dageblieben, aber xxxxxxxxx Schutz.
Und der ist aber nicht adäquat in ihrer Entwicklung. – Gut, klar,
der Todeswunsch ist noch da. Wie stark ist er jetzt noch da, das wäre zu
fragen. Inwieweit ist in deiner Innenwelt noch da, daß du auch weg willst?
Das würde das ja bedeuten. Aber das eine ist wie das andere. Das drückt
auch wieder nichts anderes aus, daß sie nicht wirklich angekommen ist.
– Gut, wir machen das mal. Oder frag mal deine Mutter, war ja damals der
gemeinsame Todeswunsch da, frag ruhig mal, oder den Todeswunsch. Oder laß
mal den Tod kommen. Mach mal so. Laß den Tod kommen. – xxx wo du
ihn siehst.
Kl.: Ist’n alter, gütiger Mann, der...
Th.: Gut, dann frag ihn, wie hoch ist denn dein Todeswunsch, noch anteilig in
deinem Leben, auf einer Skala von Null bis Hundert. Der soll dir was sagen,
zeigen.
Kl.: Es bleibt nicht statisch, sondern bewegt sich dauernd hoch und runter.
Das hängt wohl von Situationen ab oder was.
Th.: Ja, in welchem Bereich ungefähr?
Kl.: Manchmal ist es sogar ganz weg. Und dann geht’s so bis... bis sechzig
Prozent.
Th.: Ja. Aber „gütig“ heißt: Der versteht dich. Es ist
in Ordnung, den zu haben. Er holt dich trotzdem nicht. Ist es sowas? Frag ihn
mal. Scheint ja fast ein Freund zu sein. Du hast ihn ja gut kennengelernt.
Kl.: Nee, eigentlich möchte ich nicht, daß er gütig aussieht,
weil, das ist sowas wie zu ihm hin, wie so’n Vater. Und ich will meinen
Vater im Leben haben, nicht im Tod.
Th.: Dann sag ihm das mal.
Kl.: Ich will im Leben... Ich will von meinem richtigen Vater geschützt
werden und daß der mich gütig behandelt, und daß er stark ist
und groß, und ich will mir das nicht im Tod quasi... oder... wie soll
ich das sagen? Daß der Tod mir das gibt, sozusagen. Irgendwie sowas.
Th.: Hat dein Vater das gehört? Oder hol ihn herbei, daß er das gehört
hat. – Ich will die ein bißchen testen, wie reagieren die denn aufeinander?
Das ist ja schon fast Konfrontation. Sie kommt ja sofort in einen Prozeß
dann, in dem Moment, ne. Nur ein bißchen testen, wie stark ist es denn?
– Dann sag dem Papa: Ich will, daß nicht der Tod gütig ist
zu mir, oder liebevoll, aber ich sehn mich grad nach ihm – manchmal bist
du sechzig Prozent – sondern ich will, daß du... Sag’s ihm,
ganz direkt, guck mal, wie er reagiert.
Kl.: Ich möchte, daß du mein Vater bist, nicht der Tod. Pause. Und
wenn... wenn du da mit dem Stock kommst, dann ist schon gleich so... Der hat
wie... weil er ja... mit der Prothese... Dann ist gleich sowas, so... Daß
ich stark sein muß. – Und ich wünsch mir aber, daß du
groß bist.
Th.: Das würde bedeuten, dein Vater muß zum Vater werden und männlich
und groß und stark und xxxx und dich beschützen, damit du endlich
Kind sein kannst. Und deine Mutter muß xxxxxxx mal machen, daß sie
überhaupt mal dasein will und für dich dasein will und an deinem Bett
sitzt und dich beschützt. Erklär’s den beiden, und daß
die beiden ihre Aufgabe nicht übernommen haben für dich xxxx und daß
du deshalb Dauerton hast. Sag ihnen das mal.
Kl.: Also, mein Vater hat das ja jetzt schon gehört. Und er nickt auch.
Und er sagt auch, ich kann zu ihm kommen, und er ist auch wenn er nur ein Bein
hat, ist er trotzdem stark. Und meiner Mutter... sag ich... Ich möchte,
daß wenn du dich mal an mein Bett setzt, daß du für mich da
bist, und daß ich nicht Angst haben muß... daß du... mich
mit in den Tod nehmen willst. Daß du für mich da bist und nicht mich...
zu dir ziehst. So...
Th.: Wie reagiert sie?
Kl.: Sie sagt: Ich kann noch nicht. Oder sie möchte es, und... sie kann
nicht.
Th.: Das muß dann verarbeitet werden... weil es diese dreißig Prozent
sind, die wir eben festgestellt haben.
Kl.: Daß sie ganz xxxx, daß sie ihr Leben will. Das muß erstmal...
Th.: Ja. Das muß generell noch bearbeitet werden. Und dann ist es... Daß
sie nicht leben will. xxxxxx umgebracht. Das muß generell noch bearbeitet
werden. Und dann hast du dreißig Prozent noch von deiner Mutter zu bearbeiten,
damit sie dann... Gut, dann muß das ganz eindeutig bearbeitet werden,
ne. Sie muß geben erst, klar, logisch.
Kl.: Weil, sie will ja eigentlich weg sein.
Th.: Ja, ist klar. Und solang du das nicht in dir bearbeitest, kann dir die
Mutter xxxxxxx weg sein, ist ganz klar. Deinen Vater will ich noch ein bißchen
testen. Guck mal, ob es geht. Wenn dein Vater groß und stark ist, dann
soll er sich jetzt mal zwei Beine wachsen lassen. Das Holz jetzt einfach mal
wieder lebendig werden lassen.
Kl.: (lacht)
Teilnehmer: Wie sie sich freut. Ach, ist das schön.
Th.: Väter können das.
Teilnehmer: Und?
Kl.: Och, der schmeißt einfach seinen Stock in die Gegend.
Th.: Und? Wächst nach?
Kl.: Ja. (lacht)
Th.: xxxxxxxxxxxx
Kl.: (lacht)
Th.: Die Zeichner von Walt Disney müssen ein bißchen Überstunden
machen, drei, vier Tage, und dann ist das Bein dran.
Kl.: Ja, und jetzt geh ich so... Ich bin irgendwie so klein und lauf zu ihm,
und...
Th.: Gut. Dann sag deinem Papa auch noch mal, wenn das schon so toll ist, dann
soll er irgendwie deine Mutter halten, daß sie deine Mutter sein will
oder kann. xxxxxxxxxx zwischen den beiden. Ist ja seine Frau, immerhin.
Pause.
Kl.: Ja, ach, da hängen jetzt wieder tausend Themen dran.
Th.: Ja, ist klar. Natürlich hängen da tausend Themen dran.
Kl.: Er sagt... daß meine Mutter ihn nicht... auf der einen Seite nicht
achtet, weil auch ihre ganze Familie ihn verachtet. Das ist halt auch so...
Th.: Ja, ist klar.
Kl.: ...was gewesen. Das Geld, und so weiter, und auch mit dem Bein und... jedenfalls,
deswegen... fühlt er sich nicht wirklich... ganz als Mann, ihr gegenüber.
Th.: Ja, gut. Wichtig ist nur, daß er weiß, daß sein Thema
mit deinem Thema auch gekoppelt ist. Wenn er dir wirklich helfen will, muß
er bereit sein, dieses Thema in dir zu lösen. In dir muß es klar
sein. Das muß deinem Vater klar werden. Sag das, so richtig deutlich.
Es ist wichtig, Beziehungsarbeit zu leisten, vor den Eltern, bis die mal top
sind.
Kl.: Was?
Th.: Mach’s ihm klar und guck, ob er bereit ist, dir zuliebe.
Kl.: Ich möchte, daß du, daß du nicht nur... für mich
ein starker, gütiger Vater bist, sondern auch... daß du ein Mann
bist gegenüber deiner Frau, und daß du... dich selbst achtest und
daß auch von deiner Frau einforderst, von meiner Mutter.
Th.: Ja, damit deine Mutter auch deine Mutter sein kann.
Kl.: Eben. Damit du auch für sie mit stark sein kannst und daß sie
auch da sein kann. Irgendwie so. Vielleicht ihr auch helfen mit ihrer Familie.
Th.: Ja, zum Beispiel. Weil immerhin hat sie ihn... ist sie ihm gefolgt, ne?
Da muß schon was gewesen sein.
Kl.: Ja, eben.
Pause.
Th.: Hat er ein Ja?
Kl.: Ja. Er will.
Th.: Das ist wichtig. Gut, dann hol deine Mutter, oder sag deiner Mutter, oder
zeig ihm deinen Papa, der hat ein Ja. – Deine Mutter muß jetzt kein
Ja haben, aber sie muß bereit sein, in die Richtung zu gehen, darum geht’s.
Oder festzustellen, ob sie bereit ist, in die Richtung zu gehen.
Pause.
Kl.: Sie sagt: Ja, das will ich doch auch.
Th.: Ja. Ok. Dann schau nochmal das Mädchen an. Wie würde sich’s
entwickeln? Zeitraffer... – Weil dann sehen wir, wenn das geht, ob wir
alle wesentlichen Punkte erfaßt haben. Weil wenn wesentliche Punkte nicht
erfaßt wären, würde keine Entwicklung möglich sein.
Lange Pause.
Kl.: Ja, ich hab zum Beispiel kein Schwarz an.
Th.: Jaaa, das ist schonmal ein sehr gutes Merkmal. Laß dieses Mädchen
jetzt mal so langsam größer und älter werden und guck mal...
Das ist ja immer unter der Voraussetzung, das funktioniert jetzt in der Richtung,
du machst Sessions, du löst das auf, das verändert sich, ja? Ist es
potentiell möglich? Oder haben wir was Wesentliches vergessen? xxx Darum
geht’s. – Die hat kein Schwarz mehr an. Guck mal, wie sie sich entwickelt.
Kl.: Diese eine Situation von vorhin, wo ich so geduckt und verschlossen nach
Hause gegangen bin, als Vierzehnjährige, da... da hab ich jetzt ein Sommerkleid
an, und... ich geh eigentlich ziemlich leicht.
Th.: Und? Grüßt du deine Mama?
Kl.: Meine Mutter ist... stolz. – Also, als Frau. Und das tut mir gut.
Also, sie ist irgendwie... da, mehr da. – Also, es hängt halt auch
noch viel so mit Frau-Mann und so, aber jetzt, daß sie auch als Frau...
da ist.
Th.: Ja, ist klar, ja. Ganz klar. Das heißt, das Eingangsbild hat sich
schon von selbst jetzt aufgetan und so verändert, daß du sagen kannst:
So ist ok.
Kl.: Ja, ich mein, ich hab ja auch schon ein paar Sessions hinter mir.
Th.: Jajaja, natürlich, klar, sonst würde sich das gar nicht einstellen,
du könntest dir gar nicht vorstellen... ich wollte jetzt nur mal gucken,
wenn wir das jetzt hochrechnen, ob die Bilder sich verändern. Dann haben
wir nämlich alle Einflußfaktoren drin. Weil, wenn es Einflußfaktoren
gibt, die wir vergessen haben, dann müßten die jetzt fehlen. Dann
könnte es nicht so gut passieren. Das war der Punkt. Wir wollen ja die
Struktur rausarbeiten. Wir wollen ja gucken, was ist das Wesentliche? xxxx Und
du hast ne ganze Menge schon dran getan, deswegen geht das überhaupt mit
der Hochrechnung. Sonst würde das überhaupt nicht funktionieren.
Teilnehmer: Ja, das denk ich mir auch, weil der Vater, oder die Mutter zwischendrin,
die würden sonst gar nicht auf die Veränderung ansprechen, nicht?
Th.: Nein, gar nicht, das wäre unvorstellbar für sie.
Kl.: Und dann könnte man das in einem Profiling gar nicht machen, mit dem
Hochrechnen. Bei der Erstsitzung.
Th.: Man müßte vielleicht noch ein bißchen mehr Zauber einführen.
xxxxxxxxx Ok, stell dir mal vor, da gibt’s nen riesengroßen Zauberer,
der zaubert wirklich, oder der liebe Gott kommt und hilft, also irgendso ne
Instanz, wo man sagt, ok, das wär ok. Oder der geht vier Wochen ins Kamala,
oder was auch immer. Alle Tricks, die halt glaubwürdig sind.
Teilnehmer: Aber da machen wir’s ja rein über die Vorstellung. Die
Veränderung passiert ja nicht durch diesen Prozeß, der ja eigentlich
normal nötig ist.
Th.: Ja, aber in der Vorstellung können wir sehen, ob wir alle Faktoren
drin haben. Wenn wir einen vergessen hätten, würde es nicht funktionieren.
Teilnehmer: Ja, ist schon spannend.
Th.: Das ist immer wieder das Tolle an der Geschichte. Hier können wir
sehen: Haben wir jetzt alle wichtigen Einflußfaktoren aufgedeckt? Dann
kann es sich entwickeln, automatisch, weil sie’s kennt, oder per Vorstellung.
Wenn ein wesentlicher Faktor fehlt, kann sie’s nicht entwickeln, die Vorstellung,
so wie’s bei der Heidi eben war. Der Typ sitzt immer noch hinterm Busch
oder schickt ne Karte. Die kann sich gar nicht vorstellen, daß der losgelassen
hat. Da fehlt was. Das ist das Geniale an der Geschichte, das wir uns nicht
austricksen können.
Kl.: Gut, dann kann ich das jetzt auch mehr glauben. Was ich da sehe, jetzt.
Th.: Ja, so wird das aussehen. Schau nochmal die Frauke an, mit vierzehn. –
Schau mal wie sie auf dich zukommt, wie sie ausschaut, im Gesicht, welchen Augenausdruck
sie hat, wie’s ihr geht. Frag sie mal ruhig.
Pause.
Kl.: Wie geht’s denn dir? Pause. Also, das ist jetzt so gut, ich kann
das alles gar nicht mehr richtig glauben, ja. Also...
Th.: Das ist ein gutes Zeichen. xxxx Wenn wir staunen und es nicht glauben können,
sind wir richtig.
Kl.: (lacht) Ja, sie strahlt mich irgendwie so an, und sie ist lebensfroh, und...
Also, sie ist offen, und sie will die Welt xxx Auch sowas Selbstbewußtes.
Th.: Kaum zu glauben, daß du da hinkommst, gell. xxxx xxxxx Wieviel Sessions
brauchst du? Frag sie mal, sie weiß es. Ungefähr.
Kl.: Wieviel Sessions brauch ich noch? Also, dafür. – Fünf.
– Das kommt mir aber wenig vor.
Th.: Sag’s ihr.
Kl.: Das find ich aber wenig. --- Sie hat gesagt: Na, du hast ja schon so viel
gemacht, und es ist schon kurz vor’m Kippen.
Th.: Ja. Das kann sein. --- Du hast ganz viel gemacht, und es kann sein, daß
es noch nicht gekippt ist, das Gesamte, aber daß es immer noch so sich
auswirkt, und dann braucht man schon wirklich nicht mehr viel, und es kippt.
xxxxxxxxxx Allerdings, das ist immer ne ganz grobe Orientierung, da muß
man aufpassen. --- Ok, Frauke, noch irgendwas unklar? Themen sind klar, Sessionanzahl
ist klar. Das Mädchen strahlt, du kannst es kaum glauben. Papa und Mama
wollen. – Naja, klar. Bücher lesen über das Nazitum ist nicht
mehr sinnvoll...
Kl.: Nee, um Gottes Willen!
Th.: xxxxxxxxx so heftigen Filmen sehen und dann Sessions mit machen. xxxxxxxx
Kl.: Ich meide aber sowas.
Th.: Ich weiß. Geh in kollektives Material und laß es dir alles
hochholen und bearbeite es mit nem guten Therapeuten.
Kl.: Oh Gott, oh Gott, da komm ich jetzt schon wieder in den nächsten Prozeß.
Th.: Das ist es doch, was anderes ist es ja nicht mehr. Du hast, wie auch immer,
Zugang zum kollektiven Material. Ist ja wurscht, keine Ahnung, warum wir’s
haben, das ist wurscht. Und du hast es zu bearbeiten, das ist alles. –
Und deine Eltern haben’s so gut wie möglich probiert, zu managen,
bis hin zur Selbstaufgabe, oder haben alles gegeben, je nachdem, wie du’s
siehst.
Kl.: Also, ich glaub, das war jetzt nochmal ein wichtiger Hinweis, auch meine...
meine Reaktion, die ich ja dann gleich gemerkt hab. So, dieses ganze Thema Gewalt.
Ich meide ja auch so Filme, ob... ob das ein Krimi ist, oder so... das kann
ich schon nicht... Geschweige denn... Und das... statt das, was mich überfordert,
wegzulassen, und mich tatsächlich damit zu konfrontieren, und da ne Session
zu machen.
Th.: Guck dir nen Film an, und wenn du wahrnehmen kannst, daß es Ketchup
ist, bist du frei.
Kl.: Du meinst, ich muß... Also, teilweise gelingt mir das schon, also,
wenn die Filme albern sind aber nur. Also wenn sie quasi meine Intelligenz auch
beleidigen. Aber wenn sie gut gemacht sind, dann bin ich voll drin.
Th.: Dann kriegen sie dich. Ja, aber du managst es über die Intelligenz,
das ist sogar eine Gefährlichkeit. Du verstehst, daß es Unsinn ist,
weil du spürst, daß es nicht stimmig ist. Aber deshalb hol dir doch
Dokumentationsmaterial, um xxxxxxx
Kl.: Das hab ich zu Hause.
Th.: Dann schau’s dir an, aber mach ne Session damit, das ist wichtig.
Nicht reinziehen, ich halte das aus, das wär verkehrt. Sondern gucken,
dich berühren lassen, und dann Session machen. Am besten noch vor der Session,
und dann einsteigen.
Kl.: Das war jetzt nochmal ganz wichtig, weil ich eigentlich schon nach dieser
Familienaufstellung gedacht hatte... Dieses ganze Material, was ich da zu Hause
habe, was ich auch vor X Jahren auch durchgearbeitet hab, das... Ich brauch
das nicht mehr, ich... schmeiß es weg. Und statt dessen...
Teilnehmer: Nach der Sitzung dann vielleicht wegschmeißen.
Th.: Du kannst es nur wegschmeißen, wenn’s neutral ist. xxxx, wenn’s
ok ist, wenn du einverstanden bist. xxxxxxxx muß einverstanden sein.
Kl.: Ja, aber ich kann mir gar nicht vorstellen, wie kann ein Mensch mit sowas
einverstanden sein. Das kann ich mir nicht... Und da will ich auch nicht hinkommen,
ehrlich gesagt.
Th.: Ja, ich weiß. Das ist sehr schwer, dahin zu kommen.
Kl.: Ich mein, ich will doch auch mein Mitgefühl behalten, oder?
Th.: Es kann sein, daß das Mitgefühl nicht flöten geht. –
Das ist wie mit den Sessions. Es kann sein, dein Mitgefühl bleibt da, und
du bist einverstanden mit dem, was läuft.
Kl.: Das kann ich mir überhaupt noch nicht vorstellen.
Teilnehmer: Ist auch schwer.
Teilnehmer: Und da ist jetzt eben auch Mitleid und xxxxxxxx.
Th.: Sie leidet noch mit den Leuten, ganz klar. Weil es unerlöst ist. xxxxx
Weil sie gar nicht dahin kommen will, daß ihr das nichts mehr ausmacht.
Sie hat Angst davor, daß sie abgeschnitten ist. Und das ist zwar richtig,
aber das ist nicht der Zustand von Mitleid und Mitempfinden. Und trotzdem gibt
es ne Möglichkeit von So-sein-lassen. Weil, so ist es. xxxxx
Teilnehmer: Hast du in „Gespräche mit Gott“ das Thema über
Hitler gelesen?
Kl.: Ich kenn das Buch nicht.
Teilnehmer: Da sag ich dir gleich noch was zu.
Th.: „Gespräche mit Gott“ meinst du?
Teilnehmer: „Gespräche mit Gott“. Der hat also Phantastisches
über Nazismus, Nationalsozialismus und Hitler geschrieben, und... seine
Gespräche eben, oder seine Einstellung dazu. Oder seine keine-Einstellung
dazu. – Hilft dir bestimmt weiter.
Th.: Sie muß nur aufpassen, daß sie nicht diesen Verständnisweg
geht. Sie muß den Weg gehen der Eruption, des Rauslassens, der Betroffenheit,
damit sie freier wird davon. Dann kommt das Verständnis, tiefer, von selbst.
Teilnehmer: xxxxxx gesagt: Ich möchte gar nicht... Ich möchte mein
Mitgefühl nicht verlieren. xxxxxx Da kann auch nix kaputtgehen, wenn du
das liest.
Teilnehmer: Also, es ist erstaunlich, wie Jugendliche, zum Beispiel meine Tochter,
sich solche Filme anschauen, ohne... Ich denk immer, die haben kein Mitgefühl,
oder so. Aber die haben das natürlich. Das ist dieser... einfach, da ist
nix. Da ist keine Betroffenheit, oder so.
Th.: Es ist nicht ihr Thema.
Teilnehmer: Es ist nicht ihr Thema, ja.
Th.: Also, nicht bei allen, aber zumindest bei den Einzelnen. – Bitte?
Teilnehmer: xxx Weil der Michael so gern Gruselfilme und Horrorfilme... Ich
hab solche Schwierigkeiten damit. Einerseits will ich’s nicht verbieten.
Andererseits... Und er sagt immer: Mama, ich bin soweit. xxxx
Th.: Dann muß er aber eine Affinität haben. xxxxxx Mach mal mit ihm
ne Session, und guck mal xxxxx
Teilnehmer: Na, ich konnt’s ja nicht machen. Ich bräucht jemand...
Th.: Ok, siehst du, dein Thema! Du hast nen Sohn, der xxxxxx
Teilnehmer: Ich würd’s machen, aber er legt sich nicht hin!
Teilnehmer: Du kannst ja erstmal dran arbeiten, daß du in deinem Inneren
zum Beispiel mit ihm zusammen ein Video guckst.
Th.: Dann kriegst du ja schon ein bißchen mehr mit xxxx
Teilnehmer: Ja, das mach ich schon. xxxx Wir sprechen darüber und erzählen
auch. Also, das schon. Ich bin schon in Kontakt, mehr. Aber was das jetzt genau
ist...
Th.: Gut, Frauke, also ich hab jetzt kein Thema mehr. Ich denk, das können
wir so lassen.
Kl.: Ich glaub auch.
Th.: Gut. xxxxxxxx sich von selbst so heftig schön schnell verändert
hat und kurz vorm Kippen steht, das ist echt toll. Gut, das heißt nicht,
daß es nicht total heftig werden könnte, nochmal, von den paar Sessions
her. Kann gut sein. Und dann ist es das. – Ok, dann komm zurück.